"In den Discos vermehren sich die Feste

mit esoterischem Charakter"

 

Carlo Climati, Experte in Sachen Jugendphänomene, über neuen Satanismus-Lehrgang in Rom: Man tendiert heute dazu, eine atheistische Gesellschaft zu bilden, die vom moralischen Relativismus beherrscht ist

Rom (kath.net/Zenit.org )
Ein heutzutage vielfach unterschätztes Problem ist das vor allem unter Jugendlichen verbreitete Interesse an Satanismus und Okkultismus. Aus diesem Grund veranstalten das Institut für die Priesterausbildung am Päpstlichen Athenäum Regina Apostolorum in Rom und das Institut für soziologisch-religiöse Nachforschungen GRIS einen speziellen Lehrgang, um das Phänomen des Satanismus und den Dienst eines Exorzisten besser zu verstehen. Der Kurs für Priester und Priesteramtskandidaten trägt den Namen Exorzismus und Befreiungsgebet.

Zenit interviewte Carlo Climati (www.carloclimati.com), einen der Vortragenden des neuen Kurses. Der Autor der beiden im Verlag Paoline erschienenen Bücher I giovani e l\'esoterismo (Jugendliche und Esoterik) und Il popolo della notte (Das Nachtvolk), die auch in spanischer und portugiesischer Sprache erhältlich sind, ist Experte in Sachen Jugendphänomene.

Zenit: Wie ist dieser Kurs über Satanismus und Exorzismus entstanden?

Climati: Dank vieler Priester, die es für nötig erachten, dass über diese Thematik ausführlicher informiert wird. In ihrer pastoralen Arbeit werden sie immer häufiger von besorgten Eltern um Hilfe gebeten, oder sie selbst stehen vor heiklen Fällen, in denen Jugendliche mit satanischen Sekten oder mit Okkultismus zu tun haben.
Das große Problem liegt vor allem im Nihilismus, der sich in bestimmten Phänomenen ausdrückt: Die jungen Menschen werden in die Orientierungslosigkeit geführt, indem man sie dazu antreibt, das Gute mit dem Bösen zu verwechseln und alle moralischen Grenzen von sich zu weisen.

Zenit: Weshalb ist das Interesse an der Welt des Okkulten derart groß?

Climati: Ausgangspunkt ist sicher eine gewisse Tendenz zum Neuheidentum, das sich oft in harmlos erscheinende Moden versteckt hält. Denken wir zum Beispiel daran, was sich seit einigen Jahren an dem Tag von Halloween abspielt. Und in den Diskotheken vermehren sich die Feste mit esoterischem Charakter. Neben dem Tanz finden Jugendliche dort auch Magier, die ihnen die Zukunft vorhersagen wollen, indem sie Horoskope verlesen oder Tarotkarten legen. Und als ob das nicht genüge, werden Trafiken und Zeitschriftenläden mit Jugendmagazinen regelrecht überschwemmt, in denen abergläubische Ideen verbreitet werden - der Nutzen von magischen Kräutern, die angeblichen Kräfte von Steinen und Amuletten, die man selbst machen kann. Ja, sogar die Anbetung der Erde wird angeboten, als wäre sie eine Art Gottheit.

Zenit: Warum greifen viele Jugendliche zu magischen oder satanischen Riten?

Climati: Weil man heute sehr viel an den Körper denkt und nur wenig an die Seele. Magie und Satanismus stehen für die Suche einer egoistischen Macht, die man über andere ausüben will, um materielle Befriedigung zu erlangen und den irrigen Vorbildern zu folgen, die einige Massenmedien propagieren. Wir befinden uns heute in einer Zeit, in der das Aussehen und der Schein von enormer Bedeutung sind. Die Schönheitschirurgie, die im Fernsehen beworben wird, scheint die Lösung für alle Probleme zu sein. Jemand, der bestimmten Schauspielern oder Models nicht ähnlich sieht, geht das Risiko ein, sich minderwertig oder gar beschränkt fühlen zu müssen. Er beginnt, sich im Spiegel zu betrachten und erfährt ein Gefühl der Unsicherheit.
Die Fernsehkanäle scheinen, sich gegenseitig in der Bezeugungen von Familienkrisen überbieten zu wollen - Eltern, die sich mit ihren Kindern zanken; Ehemännern, die ihre Frauen verraten und umgekehrt; Ehepartner, die einander öffentlich beschimpfen und einander keinerlei Respekt zollen. So ein Mechanismus verursacht eine große Angst gegenüber anderen. Er hält Jugendliche davor ab, an das Versprechen ewiger Liebe zu glauben.

Zenit: Ist es für die heutige Jugend denn wichtig, die persönliche Beziehung zu Gott wiederzuentdecken?

Climati: Natürlich. Aber leider stoßen sie dabei auf viele Hindernisse. Man tendiert heute dazu, eine atheistische Gesellschaft zu bilden, die vom moralischen Relativismus beherrscht ist. Junge Menschen laufen Gefahr, in einer immer materialistischeren Welt allein zu sein, fern von jener Beziehung der Gotteskindschaft, die in schwierigen Momenten eine große Hilfe sein kann.
Wer sich klar bewusst ist, dass er ein Kind Gottes ist, der kann sich nie alleine und verlassen fühlen, wenn er vor Problemen steht. Er wird deshalb auch keine Kompensationen im Satanismus oder in den verschiedenen Formen des Neopaganismus suchen.

Zenit: Wie kann man Jugendliche entsprechend erziehen?

Climati: Indem man eine Kultur des Engagements fördert, in der die kleinen Anstrengungen des täglichen Lebens ihren tatsächlichen Wert bekommen. Will man ein Mädchen erobern, muss man nicht magische oder satanische Riten einsetzen. Es genügt, ihr einen Blumenstrauß zu schenken, miteinander zu sprechen und sich zu bemühen, liebenswert und offen zu sein und ihr das Herz zu öffnen. In wenigen Worten: Man muss sich ein wenig anstrengen. Außerdem ist es angebracht, eine gesunde Kultur zu fördern, die Grenzen kennt. Jugendliche müssen verstehen lernen, dass man im Leben nicht alles haben kann. Man muss lernen, die eigenen Grenzen anzunehmen. Um glücklich zu sein, ist es nicht notwendig, einem Model auf dem Foto ähnlich zu sehen. Weder die Nachahmung vollkommener aber unwirklicher Protagonisten in der Werbung ist vonnöten, noch der Besitz der neuesten Version des Mobiltelefons. Es genügt, einfach man selbst zu sein. Das wird Jugendlichen helfen, eine bessere Sicht des Lebens zu haben und auch, schwierige und leidvolle Augeblicke, die kommen können, anzunehmen.


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